Diesmal: Ankommen, wo wir bereits sind
Natürlich ist der Entdeckergeist für bislang unbekannte Orte ein wertvoller Wesenszug unserer menschlichen Existenz. Kritisch zu beleuchten ist dagegen, wenn der moderne Lebensstil zu einem rastlosen Eroberungsfeldzug führt, bei dem ein Immer-schneller und Immer-weiter zu Immer-mehr führt. Schließlich werden wir immer gestresster und damit immer kränker.
Das schnelle Überwinden größerer Entfernungen ist für viele ein Markenzeichen von Wohlstand und poliert das Image auf, weil man es sich leisten kann. Das gipfelt in dem Bestreben mancher Milliardäre, Ausflüge ins Weltall anzustreben, obwohl es dort unwirtlich ist. Der Versuch, die Mittel für territoriale Erweiterung auszuschöpfen, inszeniert sich immer wieder neu.
So prahlt mancher, an interessanten Orten gewesen zu sein, wo nicht jeder hinkommt. Doch die entscheidenden Fragen sind damit nicht geklärt: Sind wir an diesem Ort wirklich mit unserer Aufmerksamkeit so sehr angekommen, dass uns etwas unter die Haut gehen konnte? Hat uns daraufhin irgendetwas berührt, dass einen emotionalen Nachhall hatte und unseren Erfahrungsschatz bereicherte?
Folgende Erkenntnisse sind für ein erfülltes Leben hilfreich:
* Der Raum, der uns uneingeschränkt gehört, ist lediglich der, den unseren Körper einnimmt. Ihn ausweiten zu wollen, ist abwegig.
* Wir können uns einen Ort zu eigen und zu einem Stück Heimat machen. Dann werden die vielen anderen Plätze, die wir nie zu sehen bekommen, unwesentlich. Besitzergreifendes und letztlich getriebenes unersättliches Durchschreiten von möglichst viel Raum bewirkt, dass wir an vielem Wunderbarem vorbeigehen - und damit auch an Eindrücken, von denen wir berührt oder gar ergriffen sein könnten.
* Wir zehren davon, Lieblingsorte zu haben, an denen wir gerne waren und – wenn möglich – auch zurückkehren. Dafür ist unabhängig von der zurückgelegten Entfernung die Chance für Berührende Momente wesentlich. Sich diese Orte, mit denen wir gute Erfahrungen verknüpfen, immer wieder mal vor Augen zu führen, tut gut.